Betrachtet man die Entwicklung von Eisenbahnwaggons, Uniformen und anderen kulturell erzeugten Objekten, so fällt auf, dass ihre Veränderung in der Zeit nicht zufällig ist, sondern bestimmten Regeln folgt. Diese Regeln ähneln Entwicklungsverläufen, die aus der Evolution der Lebewesen bekannt sind.
Die Kulturethologie untersucht die biologischen Grundlagen kultureller Entwicklungen. Sie ist eine spezielle Arbeitsrichtung der vergleichenden Verhaltensforschung (Ethologie), die sich in zeitlicher Längschnittperspektive mit den ideellen und materiellen Produkten (Kultur) des Menschen befasst. Im Zentrum der Betrachtungen stehen kulturelle Entwicklungen, die Abhängigkeit mit Umweltfaktoren (Ökologie) und den Zusammenhang mit den ihr zugrundeliegenden angeborenen Verhaltensweisen. Dabei wird Kultur als Anpassung des Menschen an die Umwelt verstanden.
Der Begriff "Kulturethologie" wurde von Otto Koenig im Jahr 1970 geprägt. Er stützte sich auf die Arbeiten von Bernhard Rensch, der über Gesetzmässigkeiten kultureller Entwicklungen publizierte, und den Verhaltensforscher Konrad Lorenz.
Der Fokus der Kulturethologie ist in der Schnittzone zwischen Naturwissenschaften und Kulturwissenschaften angesiedelt. Kultur ist zweifelsohne ein Produkt menschlichen Geistes und menschlichen Handelns. Die Psyche wiederum ist in hohem Maße abhängig von physiologischen Vorgängen im Gehirn, welches im Laufe der Evolution als Anpassung an die Umwelt entstanden ist.
Die Kulturethologie versucht die drei Ebenen "Kultur", "Psyche und Verhalten" und "Biologie" untereinander und mit der Evolution in Beziehung zu setzen.
Die Kulturethologie arbeitet deskriptiv und vergleichend. Sie untersucht kulturelle Phänomene, zunächst unabhängig von einem möglichen Anpassungswert des Untersuchungsobjektes. Sie zeigt damit Entwicklungslinien und Muster auf, die Grundlagen für Hypothesenbildung sowohl der Humanethologie und Soziobiologie, als auch aller Kulturwissenschaften darstellen können. In diesem Sinne kann sie unter anderem: